Hatte in der Vergangenheit Baden-Württemberg mit Stolz auf seine hohen finanziellen Leistungen für die Hochschulen verweisen können, so ist das Land, wie die jüngste Übersicht des Wissenschaftsrats über Eckdaten und Kennzahlen zur Lage der Hochschulen - Stand 1996 darstellt, hier deutlich zurückgefallen. Im Zeitraum 1989 bis 1992 lag das Land Baden-Württemberg beim Zuwachs der Mittel (real) für die Universitäten zusammen mit Hessen am unteren Ende der Skala - der Zuwachs betrug noch 5 % gegenüber einem Länderdurchschnitt von 11 %. Bei der Relation "Landesmittel für Hochschulen (einschließlich Kliniken) je Einwohner (real)" lag Baden-Württemberg 1992 im Vergleich der alten Bundesländer mit einem leicht unterdurchschnittlichen Wert von 234 DM je Kopf (Durchschnitt 253 DM) auf Rangplatz 5 (nach Berlin, Hamburg, Bremen, Hessen und vor Bayern).
Auch innerhalb des Landeshaushalts sind die finanziellen Schwerpunkte in den letzten Jahren nicht zu Gunsten der Hochschulen gesetzt worden. Wie die FDP in ihren Thesen zur Hochschulpolitik (Juni 1996) ausgeführt hat, ist der Wissenschaftsetat im Verhältnis zu den anderen Ressorts durch die Einsparmaßnahmen der vergangenen Jahre überproportional belastet worden. "In den Jahren 1994 bis 1996 ist [der Wissenschaftsetat] um 2 % gesunken, während die Gesamtausgaben des Landes im selben Zeitraum um deutlich mehr als 9 % gestiegen sind." Die den Universitäten durch das Monrepos-Programm seit 1993 zur Verfügung gestellten zusätzlichen Sachmittel von jährlich 125 Mio. DM sind inzwischen durch die Sparmaßnahmen vollständig abgeschmolzen.
Berechnungen zur Entwicklung des Haushalts der Landesuniversitäten (ohne Klinika) über den Zeitraum von 1975 bis 1995, die die Universität selbst auf der Grundlage der Methodik des Rechnungshofes angestellt hat, haben ergeben, daß die Steigerungsrate des Staatszuschusses für die Universitäten über den genannten Zeitraum nominal zwar ein Plus von 132,8 %, real jedoch ein Minus von 4 % aufweist. Betrugen die Aufwendungen des Landes pro Student im Jahr 1975 DM 10.402, so erreichten sie 1995 nominal zwar DM 14.642, real jedoch nur noch DM 6.091. Demgegenüber sind im gleichen Zeitraum die Drittmitteleinnahmen der Landesuniversitäten real um 95,3 % auf 602,2 Mio. DM im Jahre 1995 gestiegen. Betrug die Drittmittelquote 1975 noch 15 %, so war sie 1985 bereits auf 25 % und 1995 auf 28,7 % angestiegen. Es ist kein Geheimnis, daß viele Einrichtungen der Universitäten nur noch mit Hilfe von Drittmitteln überleben können, ein Zustand, der wegen der Zweckbindung von Drittmitteln für die Forschung auf Dauer nicht hinnehmbar ist.
Im Berichtszeitraum haben sich die finanziellen Rahmenbedingungen für die Universitäten stetig weiter verschlechtert, wobei das volle Ausmaß der Haushaltssituation des Landes erst nach und nach zu Beginn der neuen Legislaturperiode des Landtags von Baden-Württemberg und durch die Sparbeschlüsse der Landesregierung im Sommer 1996 deutlich wurde. Ohne Übertreibung muß man deshalb für 1996 vom schwierigsten Finanzjahr der Nachkriegszeit für die Universitäten sprechen. Die Einspar- und Kürzungsauflagen betragen für die Eberhard-Karls-Universität im Haushaltsjahr 1996 insgesamt 17,5 Mio. DM, wobei die Mittel für Forschung und Lehre und zur Verbesserung der Grundausstattung (Titelgruppen 71 und 98) allein von ursprünglich 42,8 Mio. DM um insgesamt 13,3 Mio. DM, d.h. um 31 % gekürzt worden sind. Die letzte Sparauflage für die Universität Tübingen von 5,478 Mio. DM - sie wurde den Universitäten mit Erlaß vom 5. Juli 1996 mitgeteilt - erreichte die Universität zu einem Zeitpunkt, zu dem gut 70 % der laufenden Haushaltsmittel ausgegeben oder disponiert waren. Zugleich wurden entgegen der Zusage der Landesregierung vom Herbst 1995 Haushaltsreste in Höhe von 20 % = 0,5 Mio. DM einbehalten. Die Einsparauflagen haben inzwischen eine solche Höhe erreicht, daß die Betriebsfähigkeit der Universität in der zweiten Jahreshälfte 1996 nicht mehr gesichert ist.
Die Rektoren der baden-württembergischen Universitäten haben in zwei Dienstbesprechungen mit Herrn Minister von Trotha und zuletzt am 11. Juli 1996 Herrn Ministerpräsidenten Teufel die prekäre Finanzlage der Universitäten dargestellt. Der Ministerpräsident hat die schwierige Haushaltslage der Universitäten anerkannt, allerdings keinen Ausweg gewiesen. Die Landesregierung hat vielmehr an dem beschlossenen Sparkurs festgehalten, so daß die Universität sich auf drastische Notmaßnahmen einstellen mußte. Haushaltskürzungen mitten im Haushaltsjahr können, das muß jedem klar sein, nicht strukturgerecht vorgenommen werden. Wenn langfristig eingegangene Verpflichtungen (Abonnements, Wartungsverträge, Gerätebestellungen, Verpflichtungen zur Ausstattung von Gebäuden) den Dispositionsspielraum einschränken, so greifen Kürzungen da, wo überhaupt "noch etwas zu holen ist", nämlich im Bereich der kurzfristig zu disponierenden Ausgaben, beispielsweise bei der Buchbestellung ebenso wie bei der Chemikalienbeschaffung. Solche Verzerrungen der Ausgabenstruktur werden sich, um nur wenige charakteristische Beispiele zu nennen, auf die Öffnungszeiten der Universitätsbibliothek ebenso auswirken wie auch auf die Annahme von Doktoranden in den experimentellen Fächern, wenn dort die notwendige Ausstattung nicht mehr bereitgestellt werden kann. Es kann auch nicht mehr ausgeschlossen werden, daß sie auf Lehrveranstaltungen durchschlagen. Dennoch wird die Universität alles ihr Mögliche unternehmen, um sicherzustellen, daß die Lehre und der ordnungsgemäße Studienbetrieb als letztes tangiert wird.
Schlimmer noch als die kurzfristigen Verzerrungen werden die langfristigen Effekte sein. Der Reinvestitionsbedarf an Laborausstattungen und Geräten hat schon jetzt Dimensionen erreicht, die auch in guten Haushaltsjahren nicht zu bedienen sein werden. Institutsbibliotheken und die Universitätsbibliothek haben in großem Umfang Zeitschriften abbestellt und können nur noch in geringem Umfang Monographien erwerben. Jeder Fachmann weiß aber, daß Lücken im systematischen Aufbau einer Bibliothek später praktisch nie wieder geschlossen werden können. Ohne den regelmäßigen Bezug von Loseblattsammlungen zur aktuellen Rechtsprechung werden die juristischen Bibliotheken binnen kurzem in Teilen wertlos. In der Überzeugung, daß exzellente Berufungen die beste Zukunftsinvestition der Universität sind, hat die Eberhard-Karls-Universität auch in den vergangenen Jahren alle Haushaltszuwächse in die Ausstattung der neu an die Universität berufenen Professoren bzw. anläßlich von Bleibeverhandlungen investiert. Auch im letzten Jahr ist es unter Schwierigkeiten immer noch in der Mehrzahl der Fälle gelungen, Berufungsverhandlungen zu einem guten Abschluß zu bringen, freilich um den Preis von erheblichen finanziellen Verpflichtungen für die kommenden Haushaltsjahre. Zu Beginn des laufenden Haushaltsjahres betrugen die Verpflichtungen aus Berufungs- und Bleibeverhandlungen - als Belastung des diesjährigen Etats - knapp 4 Mio. DM. Die Universität wird unter den jetzt gegebenen Haushaltseinschränkungen diese auf Zukunftssicherung gerichtete Berufungspolitik nicht durchhalten können. Insgesamt ist durch die einschneidende Haushaltspolitik der Landesregierung der Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg und damit der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg ernsthaft gefährdet.
Seitdem Mitte 1995 bekannt wurde, daß der Bund das Hochschulsonderprogramm I nicht weiterführen wird, haben sich die Rektoren und Präsidenten darum bemüht, vom Land Klarheit über die Weiterführung der durch das HSP I finanzierten Stellen - nach der in der Monrepos-Runde gegebenen Zusage betrifft das den Landesanteil (50 %) plus einen weiteren, nicht genau bezifferten Anteil - zu erhalten. Leider ist dies bis heute nicht gelungen. Die Stellen des HSP I wurden nach dem Willen von Bund und Land zur Milderung von Überlaststiuationen, dann aber vor allem zum Ausbau der Fächer Betriebswirtschaft und Informatik verwendet. Diese beiden Fächer wären aufs schwerste gefährdet, wenn das Land die hierfür verwendeten Stellen nicht weiterhin zur Verfügung stellen würde. Die Universität appelliert erneut an die Landesregierung, diese "Hängepartie" mit einer klaren Aussage zugunsten der von den Universitäten eingegangenen Verpflichtungen zu beenden.
Die inzwischen bekanntgewordenen Eckdaten des Haushalts 1997 lassen erkennen, daß den Universitäten 1997 ein noch schwierigeres Haushaltsjahr ins Haus stehen wird. Die geschätzten Einnahmeausfälle des Landes werden nach dem Stand von Anfang August 1996 zu Einsparungsauflagen im Haushaltsentwurf 1997 von 2,2 Mrd. DM führen. Der Spielraum für Kreditaufnahmen ist wegen der Kriterien des Maastricht-Vertrages eng begrenzt. Die dafür notwendigen Kürzungen können nach dem "Rasenmäherprinzip" nicht mehr erwirtschaftet werden. Dem Vernehmen nach soll die Titelgruppe 98 auf 0 gekürzt werden. Zwar kann man gegenwärtig über die Umsetzung der Sparauflagen nur spekulieren, allerdings ist klar, daß wenn die drohenden Haushaltskürzungen in den Universitätshaushalten voll auf die Mittel für Forschung und Lehre übergewälzt würden, die Universität Tübingen im kommenden Jahr nicht einmal mehr 50 % der disponiblen Mittel zur Verfügung hätte. Damit aber kann der laufende Betrieb nicht finanziert werden. Die Universität hat das absolute Minimum des zur Aufrechterhaltung des Lehr- und Forschungsbetriebs erforderlichen Finanzbedarfs (laufende Sachmittel, Hilfskraftmittel, bisher aus Tit.Gr. 98 finanzierte Verpflichtungen, einmalige Mittel für Berufungen und Ersatzbeschaffungen) auf etwa 30 Mio. DM berechnet, ein Betrag, der schon 1996 nach allen Kürzungen nicht mehr gegeben war. Die im Juli 1996 erneut verschärfte Stellenbesetzungssperre auf 12 Monate für Dauerstellen und auf 4 Monate für Zeitstellen im wissenschaftlichen Dienst macht für die Universität die Mittelschöpfung aus unbesetzten Stellen ebenfalls praktisch zunichte. Es ist deshalb abzusehen, daß strukturelle Eingriffe in die Universitäten unvermeidbar sein werden.
Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung vom 19. Juni 1996 den harten Sparkurs der Landesregierung als notwendigen Schritt im Blick auf die wirtschaftliche Zukunft des Landes verteidigt und mit einem Wort von ManΦs Sperber formuliert: "Politik ist nur dann auf kurze Sicht richtig, wenn sie auch auf lange Sicht richtig ist". Aus der Sicht der Universitäten ist eine Sparpolitik ohne ein mittelfristiges Konsolidierungskonzept, die das in Jahrzehnten gewachsene hohe Niveau der wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes gefährdet, problematisch. In der Juliausgabe zeichnete die Zeitschrift Science (12. Juli 1996) unter dem Titel "The Decline of German Universities" ein düsteres Bild der Zukunft der deutschen Universitäten: "Seit langem unterfinanziert und überfüllt, sind sie einer weiteren Runde von Haushaltskürzungen ausgesetzt. In dieser Lage haben viele Universitäten große Schwierigkeiten, die besten Forscher und Studenten an sich zu binden." Leider trifft diese Lagebeschreibung nun auch auf die Universitäten in Baden-Württemberg zu.
Es wäre unerträglich, wenn die Arbeit der in der Koalitionsvereinbarung angekündigten Hochschulstrukturkommission, anstatt "bestimmte Studienangebote an einigen Standorten zu konzentrieren, um auf diesem Wege Spielräume für Neustrukturierungsmaßnahmen zu schaffen", dazu herhalten müßte, die Ausgangsdaten für den Abbau von Einrichtungen und Studiengängen lediglich zur Haushaltssanierung zu liefern. Die Hochschulstrukturkommission, deren Arbeit beratend zu begleiten die Rektoren und Präsidenten der baden-württembergischen Universitäten zugestimmt haben, wäre als Haushaltssanierungskommission gänzlich unakzeptabel.
Wenn, was unbestritten ist, strukturelle Eingriffe in den Bestand der Universitäten unvermeidbar sind, so ist darauf zu beharren, daß - erstens - strukturell verträgliche Anpassungen und die davon erhofften Einsparungseffekte nur mittelfristig zu erzielen sind - mit der Folge, daß die Politik sich von der Illusion befreien müßte, kurzfristige Einspareffekte zu realisieren, und daß - zweitens - den Universitäten der Gestaltungsspielraum erhalten bleiben muß, solche Anpassungsprozesse selbst zu planen und durchzuführen. Gegenüber allen skeptischen Stimmen, die die Reformfähigkeit der Universitäten bezweifeln und die deshalb dirigistische Maßnahmen von außen für erforderlich halten, setzt das Präsidium darauf, daß die Eberhard-Karls-Universität sich als fähig und willens erweisen wird, notwendige Strukturmaßnahmen in den Gremien gemeinsam und soweit wie möglich im Konsens zu realisieren.
Notwendig für einen solchen, den Grundkonsens der Universität aufs äußerste beanspruchenden Umstrukturierungsprozeß sind freilich stabile Rahmenbedingungen von außen, also das, was die Präsidenten und Rektoren im Gespräch mit dem Ministerpräsidenten in die Formel der "Planungssicherheit" gefaßt haben. Planungssicherheit bedeutet nicht einfach das Einfrieren des Budgets der Universitäten auf dem niedrigsten Niveau, sie zielt vielmehr auf ein verläßliches Bündnis des Vertrauens zwischen der Politik und den Universitäten über einen mittelfristigen Zeitraum, zumindest über die laufende Legislaturperiode hinweg.
So ist der Politik anzuraten, gemeinsam mit den Universitäten ein mittel- und langfristiges Strukturkonzept zu entwickeln, das dann für beide Seiten transparent und überwachbar umgesetzt wird. Planungssicherheit umfaßt unter den geschilderten Bedingungen die folgenden Gesichtspunkte:
Die Koalitionsvereinbarung für die 12. Legislaturperiode des Landtags von Baden-Württemberg enthält u.a. Festlegungen zu folgenden Punkten:
Profilbildung hat also schon immer stattgefunden, und die Stärken der einzelnen Universitäten sind der Fachwelt wohl bekannt. Die Eberhard-Karls-Universität beginnt deshalb - wie die anderen Landesuniversitäten auch - hier nicht am Nullpunkt; sie hat ein Profil, das es weiterzuentwickeln und ggf. der politischen Öffentlichkeit zu verdeutlichen gilt.
Ein anderes ist es freilich, wenn sich das Land angesichts leerer Kassen nicht mehr in der Lage sieht, das System der neun Landesuniversitäten, so wie es sich entwickelt hat, als ganzes zu alimentieren und darüber hinaus noch neue wissenschaftliche Entwicklungen zu finanzieren. Da die Landespolitik angesichts divergierender Standortinteressen den radikaleren Weg der Schließung ganzer Universitäts-Standorte, wie einst bei den Pädagogischen Hochschulen betrieben, nicht beschreiten wird, bleibt nur die Ausdünnung des gesamten Systems. In der Regierungserklärung hat der Ministerpräsident dies so formuliert: "Angesichts der Haushaltslage müssen wir prüfen, ob das bestehende breite Fächerangebot an jeder einzelnen Hochschule weiterhin notwendig und wirtschaftlich vertretbar ist oder ob es sinnvoller ist, bestimmte Studienangebote an einigen Hochschulen zu konzentrieren." In der Koalitionsvereinbarung werden als Kriterien für die Arbeit der Hochschulstrukturkommission "z.B. Auslastung und Bedarf" genannt.
Wenn die Universitäten sich gemeinsam mit der Hochschulstrukturkommission auf den Weg der fächerbezogenen Evaluation nach Standorten begeben, so ist gerade durch die Mitwirkung der Universitäten sicherzustellen, daß Profil- und Schwerpunktbildung nicht in erster Linie zum Euphemismus für einen Schrumpfungsprozeß wird, der sich ausschließlich an den finanziellen Rahmendaten und nicht hinreichend am Entwicklungspotential der jeweiligen Wissenschaftsstandorte orientiert.
Die Universitäten Heidelberg und Mannheim haben damit begonnen, in eigener Initiative ihr Fächerangebot und ihre Studiengänge aufeinander abzustimmen und Kooperationen zu vereinbaren; sie haben kürzlich die Einsetzung einer eigenen Strukturkommission beschlossen. In der Öffentlichkeit ist nicht genügend bekannt, in welch beachtlichem Umfang die Universitäten Hohenheim, Stuttgart und Tübingen bereits kooperieren. In der Öffentlichkeit darzustellen, wie ihre jeweiligen Profile einander ergänzen, muß deshalb Aufgabe der Universitäten der Region "Mittlerer Neckar" sein.
Auch in der Universität Tübingen wächst die Einsicht, daß angesichts der Haushaltslage des Landes strukturelle Veränderungen erforderlich sein werden, um dem Ganzen eine ausreichende Finanzierung zu sichern. Dabei wird es vermutlich nicht ausreichen, den Ausbaustand von Einrichtungen in der Weise zurückzunehmen, daß lediglich Spezialisierungen abgebaut werden und der Kernbestand an Professoren- und Mitarbeiterstellen gesichert wird, vielmehr sind tiefergehende Eingriffe bis hin zum Abbau von ganzen Bereichen zu erwarten.
In Vorbereitung der Arbeit der Hochschulstrukturkommission hat das Wissenschaftsministerium Kapazitätsberechnungen für alle Studiengänge angefordert. Hier deutet sich eine mögliche Fehlentwicklung an. Die Kapazitätsverordnung legt den Berechnungsmodus für die maximal aufzunehmende Zahl von Studierenden pro Studienfach bzw. Lehreinheit fest. In dieser Hinsicht wird der Auslastungsgrad von Studiengängen beispielsweise in N.C.-Prozessen geprüft. Die Kapazitätsberechnungen erzeugen jedoch keine Personalrichtwerte für das wissenschaftliche Personal einer Einrichtung, sie können zumal auch nicht die notwendige personelle Grundausstattung kleiner Fächer ermitteln. Kapazitätsberechnungen ergeben auch keine Meßgrößen für Forschung. Es wäre deshalb verfehlt, einfach den Auslastungsgrad nach der Kapazitätsverordnung zum Maßstab nehmen, wie dies das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in zunehmendem Maß bei der Einschätzung der Notwendigkeit von Berufungen getan hat. Vielmehr ist, wie es die Strukturkommission an der Universität Tübingen seit langem tut, die Struktur des jeweiligen Faches insgesamt und seine Einbindung in das Ensemble der Fächer und Fakultäten der Eberhard-Karls-Universität, die Tradition und das Potential eines Faches sowohl in der Forschung als auch in der Lehre, eben das Gesamtprofil eines Faches, zu bedenken.
Die am 1. Januar 1995 in Kraft getretene Novelle des Universitätsgesetzes ergibt auch den Rahmen für die Evaluation der Lehre. Der Senat der Eberhard-Karls-Universität hat in seiner Stellungnahme zur UG-Novelle die feedback-Funktion von Lehrevaluationen für die Lehrenden betont. Die Akzeptanz von Lehrevaluationen ist in der Universität noch nicht ausreichend ausgeprägt. Wichtig ist auch hier, daß in der Universität über die Methodik wie über den Verwendungszusammenhang der Evaluation der Lehre Konsens erzielt wird. Auf Anregung des Präsidiums wird deshalb im Wintersemester 1996/97 ein Symposion zur Evaluation der Lehre stattfinden, das die Reflexion auf die wissenschaftlichen Grundlagen von Lehrevaluation ebenso zum Ziel haben wird wie die Diskussion der hochschulpolitischen Implikationen, die Kritik bestehender Evaluationsverfahren und die Entwicklung eigener Ansätze zur Lehrevaluation.
Die Universität Tübingen hat gute Erfahrungen mit der Evaluation von Lehre und Studium im Fach Anglistik gemacht, zu der sie sich in Absprache mit dem Land freiwillig bereiterklärt hat und die parallel in Heidelberg und Tübingen durchgeführt worden ist. Das zweistufige Verfahren, dessen Ablauf durch die HIS GmbH betreut worden ist, kombiniert interne und externe Evaluation. Im ersten Schritt hat das Fach in einem ausführlichen Bericht eine Selbstdarstellung seiner personellen, sächlichen und räumlichen Ausstattung, seiner Studiengänge und Ausbildungsziele, seiner Lehr- und Lernpraxis gegeben, der auch Befragungen von Lehrenden und Lernenden einschloß. Auf dieser Basis fand dann im zweiten Schritt die externe Evaluation in einer zweitägigen Begehung durch externe Fachgutachter (peers) statt. Das fair geführte und mit einem insgesamt hervorragenden Ergebnis abgeschlossene Verfahren hat dem Fach wertvolle Einsichten in seine Stärken, aber auch in noch bestehende Schwächen geliefert. Es kann durchaus als Modell für künftige Evaluationen dienen, wird aber vermutlich als zu aufwendig und zu kostenträchtig nicht flächendekkend eingesetzt werden können.
Die die Landesregierung bildenden Parteien haben sich in der Koalitionsvereinbarung auf "die Einführung eines Systems von Bildungsgutscheinen" verständigt, wonach "Bildungsgutscheine für die Semesterzahl der Regelstudienzeit plus 1 Semester Prüfung plus 4 Semester Toleranz kostenlos zur Verfügung gestellt" werden sollen, für weitere Hochschulsemester jedoch pro Semester DM 1000 zu entrichten sein werden. Damit hält die Landesregierung in der Sache an der Gebührenfreiheit einer Studiendauer von - in der ganz überwiegenden Zahl der Studiengänge - 13 Semestern fest, die in der Regel für ein zum ersten Hochschulabschluß führendes Studium ausreichend bemessen ist. Zu Einzelheiten des Gesetzentwurfs vgl. unten 1.2.6.
Die Kanzler der Landesuniversitäten haben damit begonnen, die Voraussetzungen und Bedingungen zu formulieren, unter denen die Einführung des Globalhaushalts an den Universitäten akzeptabel ist. Als wichtigste Rahmenvoraussetzung ist - darauf hat vor allem Herr Kanzler Sandberger hingewiesen - die vollständige Ausfinanzierung des Stellenplans zu nennen, die gegenwärtig nicht gegeben ist und die eine gesetzlich gesicherte Anpassung des Staatszuschusses bei einer Veränderung der Personalkosten durch Tarif- oder Besoldungserhöhungen mit einschließen müßte.
Ein anderer Gesichtspunkt darf ebenfalls nicht außer acht gelassen werden: Parallel zur Tendenz der Entwicklung des Globalhaushalts steht die andere der Poolbildung beim Wissenschaftsministerium bzw. der Finanzierung der Hochschulen durch von Bund oder Land aufgelegte Sonderprogramme. Die Universitäten partizipieren zwar an diesen Stellen- und Mittelpools, Zuweisungen müssen jedoch zumeist vorher festgelegten Kriterien, wie z.B. denen der "leistungsbezogenen Mittelzuweisung" entsprechen, oder in ein vom Land oder Bund beschlossenes Ausbauprogramm passen - ein Beispiel aus den letzten Jahren ist etwa der Ausbau von Betriebswirtschaft und Informatik im Hochschulsonderprogramm I - oder zumindest zur Milderung einer nach Kapazitätsrechnung nachgewiesenen Überlast eingesetzt werden. Damit sind solche Pools nur noch sehr mittelbar der Strukturplanung der Universität selbst zugänglich. Entsprechend betreiben Bund und Länder über ihre Sonderprogramme, die schon längst mehr sind als die Kompensation von Finanzierungslücken der ordentlichen Haushalte, Strukturpolitik. Ein Ansatz, der wiederum der Universität schrittweise ein Stück Autonomie entzogen hat.
Präsidium und Verwaltungsrat der Universität Tübingen würden sich, dies hat eine ausführliche Diskussion ergeben, trotz mancherlei Bedenken für die Einführung des Globalhaushalts entscheiden, um die damit gegebenen Gestaltungsspielräume selbst zu nutzen. Der Globalhaushalt würde allerdings in der Universität ein Instrumentarium der Bewirtschaftung (Verabredung von Zielvorgaben im Wirtschaftsplan bei gleichzeitigem controlling) voraussetzen, dessen Entwicklung und Einführung Zeit erfordern würde.
Seit Beginn seiner Amtszeit hat das neue Präsidium die Entwicklung eines an die Bedingungen und Bedürfnisse der Eberhard-Karls-Universität angepaßten Modells der internen belastungs- und leistungsbezogenen Mittelverteilung zu einem seiner Arbeitsschwerpunkte gemacht. In intensiven Diskussionen hat das Präsidium gemeinsam mit dem Verwaltungsrat im Wintersemester 1995/96 und im Sommersemester 1996 dieses Modell erarbeitet und es am 4. Juli 1996 den Dekanen vorgestellt. Präsidium und Verwaltungsrat streben eine breite universitätsinterne Diskussion über das optimale Verteilungsmodell an - also eines, das die Besonderheiten der Fakultäten und Fächer möglichst gerecht berücksichtigt, das gleichzeitig hinsichtlich seiner Ansatzgrößen für jedermann nachvollziehbar und einfach zu verwalten ist und das darüber hinaus erwünschte Wettbewerbselemente enthält, die durch die Politik der Fakultäten und Fächer in ihrem Sinne beeinflußt werden können. Die Fakultäten sind deshalb aufgerufen, bis Ende Oktober 1996 den vorgelegten Vorschlag zu diskutieren und kritische Einwände wie eigene Vorschläge vorzutragen, die dann wiederum Gegenstand einer gemeinsamen Sitzung von Verwaltungsrat und Dekanen sein werden. Auf der Basis dieser Diskussion wird der Verwaltungsrat dann noch in diesem Jahr seine Entscheidung treffen.
Das vom Verwaltungsrat vorgeschlagene Modell bezieht sich auf alle Sachmittel für Lehre und Forschung, soweit sie nicht durch Berufungs- und Bleibeverhandlungen getrennt zugewiesen sind; die Berechnung berücksichtigt die folgenden Blöcke:
Die eingeworbenen Drittmittel (Leistungsindikator) werden nach der tatsächlichen Höhe des vorausgehenden Haushaltsjahres eingesetzt, wobei, entsprechend dem Verhältnis der auf die Natur- und die Geisteswissenschaften entfallenden DFG-Mittel von etwa 2,5:1 die Drittmittel bei den Naturwissenschaften mit dem Faktor 0,4 bewertet werden.
Die Studentenzahl (Belastungsindikator) wird auf der Basis der Studentenstatistik nach Fallzahlen (Studenten bis zum 12. Fachsemester) ermittelt, wobei der unterschiedliche Lehr- und Betreuungsaufwand für Diplom- und Magisterstudiengänge sowie für Haupt- und Nebenfächer durch entsprechende Multiplikatoren berücksichtigt wird.
In die Prüfungszahlen (Leistungsindikator) gehen Hochschulabschlußprüfungen (Diplome, Staatsexamina usw.) sowie Promotionen und Habilitationen nach einem Punktwertmodell ein, wobei im Rahmen der Frauenförderung bei Frauen Promotionen doppelt und Habilitationen vierfach bewertet werden.
Studentenzahl und Prüfungszahl werden insgesamt zu gleichen Prozentanteilen berücksichtigt. Dadurch soll sichergestellt werden, daß eine hohe Studentenzahl allein die finanzielle Dotierung einer Einrichtung nicht durchschlagend beeinflussen kann, daß sich vielmehr die Prüfungszahl als Indikator für erfolgreiche Studienabschlüsse als Anreiz für Verbesserungen in der Lehre und der Beratung der Studierenden gleichgewichtig auswirken kann.
Der Verwaltungsrat hat die Berücksichtigung weiterer möglicher Indikatoren, insbesondere auch die Verwendung von Publikationswerten und Zitier-Indices, gründlich geprüft und sich dabei davon überzeugt, daß die gewählten Kenngrößen keine unbilligen Verzerrungen hervorrufen und darüber hinaus den Vorteil haben, objektiv ermittelbar und einfach zu verwalten zu sein.
Aus der Universität sind gelegentlich Stimmen zu hören, die einerseits befürchten, durch das neue Verteilungsmodell könnten die bisherigen Mittelzuweisungen von den Naturwissenschaften zugunsten der Geisteswissenschaften umverteilt werden, die andererseits davor warnen, erhebliche Umverteilungseffekte in Zeiten extremer Finanznot eintreten zu lassen. Zum ersten Kritikpunkt ist zu sagen, daß in Präsidium und Verwaltungsrat Geistes- und Naturwissenschaftler gleichermaßen vertreten sind, daß bis zum Schluß in grundsätzlicher Weise und ohne Schielen auf für den eigenen Bereich günstige oder ungünstige Ergebnisse diskutiert und der nun der universitären Öffentlichkeit vorgelegte Vorschlag in allen Punkten einvernehmlich erarbeitet worden ist. Zum zweiten Punkt ist anzumerken, daß der Verwaltungsrat gründlich überlegen wird, zu welchem Zeitpunkt und zu welchen Bedingungen das neue Finanzierungsmodell in Kraft gesetzt werden wird. Bereits im Sommer 1996 hat der Verwaltungsrat die Festlegung getroffen, daß größere Veränderungen schrittweise über einen Zeitraum von mehreren Jahren eingeführt werden sollen. Insoweit wird ein "Sicherheitsnetz" eingezogen, das ein geordnetes Haushalten sichert.
Präsidium und Verwaltungsrat sind der Überzeugung, daß die Universität ein solches neues finanzwirtschaftliches Instrumentarium braucht und daß dies in Ruhe und unabhängig von konkreten Verteilungsentscheidungen entwickelt werden muß. Mit der nun in die Schlußphase tretenden Entwicklung hat die Eberhard-Karls-Universität damit die nötige Vorsorge für kommende Veränderungen getroffen.
Daß angesichts der Kostenstruktur des öffentlichen Gesundheitswesens und verschiedener Reformgesetze, zuletzt angesichts der einschneidenden Änderungen der Krankenhausfinanzierung durch das Gesundheitsstrukturgesetz, die Universitätsklinika in die Lage versetzt werden müssen, im Bereich der Krankenversorgung frei von kameralistischen Zwängen mit anderen Trägern konkurrierend erfolgreich "am Markt" zu operieren, ist unumstritten. Unterschiedliche Positionen bestehen dagegen nach wie vor in der Frage, ob die Klinika zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigerweise in eine andere Rechtsform überführt werden müssen. Man kann sehr wohl argumentieren, daß der notwendige Abbau von Genehmigungsvorbehalten des Staates, die Flexibilisierung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen, die weitgehende Personal- und Bauhoheit auch innerhalb der bestehenden Organisationsform hätten geschaffen werden können. Indes ist diese Frage praktisch durch die Politik vorentschieden worden, die die Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts mit Klinikumsvorstand und Aufsichtsrat favorisiert. Unumstritten ist auch, daß die medizinische Fakultät als Einheit für Forschung und Lehre in der Universität verbleiben muß. Damit ergibt sich ein Nebeneinander von Entscheidungs- und Aufsichtsfunktionen - für das Klinikum der Aufsichtsrat, für die Fakultät die akademische Selbstverwaltung durch Verwaltungsrat, Senat und Rektor - , die in Hinblick auf die praktische Verschränkung der Aufgaben von Krankenversorgung, Forschung und Lehre aufeinander abgestimmt werden müssen.
Eine wesentliche Divergenz zwischen "Amtsträgerpapier" (weitgehend Integrationsmodell) und LRK-Stellungnahme (im wesentlichen Kooperationsmodell) bestand in der Frage, durch wen das Budget für Forschung und Lehre festgelegt wird und wie es gegen den Druck der Finanzbedürfnisse der Hochleistungsmedizin in der Krankenversorgung geschützt werden kann. Während das Amtsträgerpapier dem Klinikumsvorstand die Funktion zuschrieb, der Fakultät das Budget für Forschung und Lehre zuzuweisen, bestehen die Rektoren und Kanzler der Landesuniversitäten auf dem vom Klinikum unabhängigen Budgetrecht des Verwaltungsrats auch für die medizinische Fakultät. Der in Tübingen gefundene Kompromiß sieht vor, daß Klinikumsvorstand und Fakultät(svorstand) über die Aufteilung des vom Land als Einheit an die Universität zu gebenden Landeszuschusses für Forschung, Lehre und Krankenversorgung verhandeln. Im Fall des Einvernehmens zwischen Klinikumsvorstand und Fakultät beschließen Aufsichtsrat (für das Klinikum) und Verwaltungsrat (für die Fakultät) den gemeinsam erarbeiteten Aufteilungsvorschlag; im Fall des Dissenses entscheidet abschließend der Verwaltungsrat. Dieser Vorschlag ist in das Abschlußprotokoll der Kommission des Wissenschaftministeriums eingegangen.
Eine weitere Frage, auf die sich gegenwärtig die Diskussion konzentriert, betrifft die Leitungsstruktur der medizinischen Fakultät. In dem Bemühen, die Fakultät in ihren Entscheidungsstrukturen zu stärken und sie damit in die Lage zu versetzen, das für vorklinische wie klinische Einrichtungen einheitliche Budget für Forschung und Lehre zu verwalten, sieht das Integrationsmodell einen mit dem Klinikumsvorstand teilweise personenidentischen Fakultätsvorstand vor, auf den bisher durch den Fakultätsrat wahrgenommene Funktionen übergehen sollen. Die Rechte des Fakultätsrates sollen durch ein im einzelnen noch auszugestaltendes Antragsrecht und die Berichtspflicht des Fakultätsvorstands gesichert werden. Inzwischen haben sich die Universitäten Freiburg und Ulm gegen das Vorstandsmodell ausgesprochen, und auch in der Universität Tübingen mehren sich die Stimmen, die die mit dem Fakultätsvorstands-Modell gegebene Beschneidung der Rechte des Fakultätsrates nicht für akzeptabel halten.
Es ist erklärte Politik des Präsidiums, die Hochschulmedizin nach wie vor eng an die Universität zu binden. Dem Landesgesetzgeber ist anzuraten, im Gesetz nur die essentials zu regeln, darüber hinaus den Universitäten Gestaltungsspielräume zu erhalten, die an die örtlichen Gegebenheiten angepaßte Lösungen zulassen.
Mit dem neuen º 35 des UG, der Experimentierklausel, sollen auf Antrag der Universität und für einen Zeitraum von max. 5 Jahren die Leitungsstrukturen in den Universitäten in Richtung auf eine Bündelung von Managementfunktionen und einer Verbesserung der Entscheidungsstrukturen verändert werden können. Die inhaltlich sehr offen gefaßte Bestimmung regelt im wesentlichen nur das Antragsverfahren, läßt aber auch hier offen, inwieweit die universitären Gremien, wie beispielsweise der Große Senat bei einer Grundordnungsänderung, zu beteiligen sind. In der Sache könnte durch die Experimentierklausel die Übertragung von Zuständigkeiten des Verwaltungsrats auf den Präsidenten oder das Rektorat, analog dazu die Übertragung von Zuständigkeiten des Fakultätsrats auf den Dekan oder einen Fakultätsvorstand ermöglicht werden. Der Senat der Eberhard-Karls-Universität hat 1994 in seiner Stellungnahme zur UG-Novelle die dort angelegten Tendenzen in Richtung auf eine monokratische Leitungsstruktur nicht für erforderlich gehalten; im übrigen sind nach der Überzeugung des Präsidiums der Universität Tübingen die in der Sache erwünschten Effekte auch unter den bisherigen Leitungsstrukturen zu erzielen.
Der als Landeshochschulgebührengesetz firmierende Entwurf soll die rechtliche Grundlage für das von den Koalitionspartnern verabredete System von Bildungsgutscheinen bilden, verankert aber dem Grunde nach die Gebührenpflichtigkeit des Hochschulstudiums. º 2 rechnet alle Studiensemester an einer Hochschule im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes, also auch solche an Hochschulen außerhalb Baden-Württembergs, an. Umgekehrt werden Zeiten der Beurlaubung nicht angerechnet, weil während dieser Zeit keine Ressourcen der Hochschulen in Anspruch genommen werden. Auslands-, Praxis- und Krankheitssemester usw. begründen keine eigenen Ausnahmetatbestände, sondern sollen ebenfalls über eine Beurlaubung geregelt werden. Mit einer analogen Begründung der nur teilweisen Inanspruchnahme von Ressourcen könnte das Land auch Teilzeitstudenten zulassen; dies ist allerdings offensichtlich nicht geplant. Verbesserungsbedürftig ist der Katalog von Ausnahmeregelungen, der im Augenblick nur die studentische Mitarbeit in der Selbstverwaltung verzeichnet. So läßt der vorgelegte Gesetzentwurf keinerlei Studienfachwechsel zu, verhindert damit möglicherweise durch finanzielle Erwägungen einen in der Sache gebotenen Umstieg. Die Frauenbeauftragte hat an den Landesgesetzgeber appelliert, Zeiten der Kindererziehung für Alleinerziehende anzurechnen. Sollte Baden-Württemberg das System der Bildungsgutscheine oder eine andere Gebührenregelung im Alleingang einführen, so wäre durch die abschreckende Wirkung vermutlich die Mobilität von Studierenden zwischen den Bundesländern eingeschränkt.
Die in Art. 6 vorgesehene Änderung der Zulassungsregelung, wonach die Universitäten 40 % ihrer Studierenden durch ein eigenes Eignungsfeststellungsverfahren selbst auswählen dürfen, ist im Prinzip zu begrüßen. Die Universität Tübingen bekundet ihr Interesse an einem Auswahlverfahren, das es ihr ermöglicht, im Wettbewerb mit anderen Universitäten die besten Studienbewerber zu gewinnen. Allerdings ist festzuhalten, daß die gesetzliche Neuregelung, wenn sie denn ohne eine Novelle des Hochschulrahmengesetzes möglich sein sollte, weder für die N.C.-Fächer, für die nach wie vor das zentrale Vergabeverfahren der ZVS gilt, noch auch für diejenigen Fächer gelten wird, für die es überhaupt keine Zulassungsbeschränkungen gibt. Damit ist die Wirksamkeit der Regelung praktisch auf den Bereich derjenigen Studiengänge eingeschränkt, die dem Ortsverteilungsverfahren unterliegen.
Verzeichnis
Kap. 2.
Presse
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